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Patienteneinbindung: Die Stimme des Patienten in der Arzneimittelforschung und -entwicklung

Interview mit Patientenexpertin und EUPATI Fellow Lotte Klim 

Dies ist der zweite Teil unserer neuen Reihe zum Thema Patienteneinbindung, in der Experten von Lionbridge Life Sciences die frühere und aktuelle Situation von Teilnehmern klinischer Studien sowie von Patienten im Gesundheitssystem besprechen. Jede Woche können Sie hier mehr von unserem Team lesen. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf, wenn Sie uns Ihre Ideen mitteilen möchten.

Pia Windelov, Life-Sciences-Expertin und Director of Regulated Life Sciences Solutions bei Lionbridge, hat mit Patientenexpertin und EUPATI Fellow Lotte Klim über die Grundsätze der Patienteneinbindung aus Sicht der Patienten gesprochen.

Die EUPATI (Europäische Patientenakademie zu Therapeutischen Innovationen) ist eine öffentlich-private Partnerschaft mit dem Ziel, Schulungen für Patienten und Patientenvertreter anzubieten, um deren Einbezug in den Prozess der Arzneimittelforschung und -entwicklung zu unterstützen. Lotte ist eine von nur 150 Patienten, die seit 2014 am Training für Patientenexperten der EUPATI teilgenommen und es als EUPATI Fellow abgeschlossen haben. 

Als Patientin mit Typ-1-Diabetes und geschulte Patientenexpertin weiß Lotte, wie Patienten Forscher, Regulierungsbehörden und medizinische Fachkreise bei der Entwicklung therapeutischer Maßnahmen unterstützen können, die den Patienten wirklich helfen und die Kommunikation verbessern.  

Pia: Vielen Dank, dass Sie uns besuchen, um uns das Konzept der Patienteneinbindung näher zu erläutern.

Bitte erklären Sie zunächst kurz, was ein Patientenexperte ist und was es bedeutet, EUPATI Fellow zu sein. 

Lotte: Ein EUPATI Fellow ist eine Person – häufig ein Patient oder Patientenvertreter –, der den 15-monatigen EUPATI Patient Expert Course zum Prozess der Arzneimittelforschung und -entwicklung absolviert. Dank ihrer eigenen Erfahrungen können EUPATI Fellows einen wichtigen Beitrag zu diesem Prozess leisten. Darüber hinaus unterstützen sie die akademische Welt, die Industrie und Regulierungsbehörden. 

Der EUPATI-Kurs wird regelmäßig angepasst und umfasst jetzt auch medizintechnische Produkte. Aus Patientensicht ist das wichtig, da medizintechnische Produkte für die Gesundheit genauso wichtig sein können wie pharmazeutische Produkte. Das Schulungsprogramm ist nicht krankheitsspezifisch. Es ermöglicht den Wissensaustausch und den Aufbau eines starken Netzwerks aus gut informierten und sachkundigen Patienten.  


Pia: Wie tragen Sie als EUPATI Fellow zur klinischen Forschung und zur Patienteneinbindung bei? 

Lotte: Ich gebe Forschern Einblicke in mein eigenes Leben und das meiner Mitpatienten, wie ich es im EUPATI Patient Expert Course gelernt habe. Durch die Teilnahme am EUPATI-Programm kann ich sehr spezifische und detaillierte Angaben machen, da ich mit den einzelnen Phasen der Arzneimittelforschung und -entwicklung gut vertraut bin.  

Wir haben festgestellt, dass Patienten „nur“ ihre Krankheitsgeschichte aufschreiben, wenn sie einen bestimmten Forschungs- oder Entwicklungsprozess nicht verstehen. Diese Geschichten sind zwar auch wichtig, aber möglicherweise nicht sehr nützlich, wenn es darum geht, patientenrelevante Endpunkte oder Go/No-Go-Szenarien in einer klinischen Studie zu erörtern. Daher ist es für alle Beteiligten entscheidend, dass Patienten die Terminologie, die grundlegenden Methoden, die Schritte  und die Struktur des Forschungs- und Entwicklungsprozesses sowie die Regeln verstehen. Wir müssen Patienten befähigen, konkrete Erfahrungen in wissenschaftliche Sprache zu „übersetzen“, Verfahren zu priorisieren und die Lücke zwischen klinischen und patientenrelevanten Maßnahmen zu schließen. Es geht nicht darum, dass die Patienten alle Entscheidungen revidieren sollen. Sie sollen vielmehr an der Diskussion beteiligt sein, was wirklich relevant ist und im Forschungs- und Entwicklungsprozess berücksichtigt werden muss. 

 

Pia: Gibt es verschiedene Arten oder Stufen der Patienteneinbindung in der klinischen Forschung oder in der Arzneimittelentwicklung allgemein? Worin unterscheiden sie sich?  

Lotte: Ja, es gibt einen deutlichen Unterschied dahingehend, welche Patienten für welche Aufgaben am besten infrage kommen. Ich möchte noch einmal betonen, dass alle Patienten wertvolle Einblicke liefern können, unabhängig davon, ob sie mit dem Forschungs- und Entwicklungsprozess vertraut sind oder nicht. Sie alle haben schließlich Erfahrungen mit Krankheiten und Behandlungen gemacht. 

Die Patienten lassen sich in drei Gruppen einteilen:  

  1. Patienten, die Einblicke in ihre individuellen Erfahrungen geben, ohne den Forschungs- und Entwicklungsprozess oder die entsprechende Kommunikation zu kennen. Diese Patientengruppe ermöglicht sehr viele Einsichten in nicht erfüllte Bedürfnisse und ist gut darin, Patienteninformationen zu überprüfen.  
  2. Patientenvertreter mit umfassenden Kenntnissen der Probleme einer bestimmten Patientengruppe. Diese Gruppe kann verschiedene Sichtweisen erläutern und darlegen, welche Aspekte für eine größere Gruppe wichtig sind und welche nicht. 
  3. Patienten (wie beispielsweise EUPATI Fellows), die zusätzlich über gewisse Kenntnisse des Forschungs- und Entwicklungsprozesses verfügen. Diese können die Forschung, Entwicklung, Kommunikation oder regulatorische Aspekte unterstützen. Mit ihrer Hilfe lässt sich beispielsweise ermitteln, welche klinischen Endpunkte für die Patienten am wichtigsten sind. Darüber hinaus tragen sie dazu bei, dass beispielsweise Zusammenfassungen von klinischen Studien in allgemein verständlicher Sprache verfasst werden. Diese Patienten wissen, welche krankheitsspezifischen Begriffe oder Ausdrücke häufig verwendet werden und von der Patientengemeinschaft akzeptiert sind, sodass sie entsprechende Empfehlungen abgeben können. Häufig weicht die von den Patienten verwendete Terminologie von der traditionellen Terminologie der Wissenschaftler oder medizinischen Fachkräfte ab. Ein Beispiel hierfür ist etwa der Begriff „Versuchsperson“, der auch negative Assoziationen hervorrufen kann. „Teilnehmer“ hingegen ist deutlich positiver besetzt und weist zugleich darauf hin, dass die Person einen aktiven Beitrag leistet.
    „Sprache ist also ein sehr mächtiges Instrument – dabei sollte man allerdings mit der lokalen Kultur und Akzeptanz vertraut sein.“
     Selbstverständlich sind die Patienten der Schlüssel zu dieser Art von Einblicken. 

Pia: In welchen Bereichen der klinischen Forschung oder der Arzneimittelentwicklung ist die Patienteneinbindung Ihrer Meinung nach am wichtigsten, damit sowohl Patienten als auch die klinische Forschung selbst profitieren?  

Lotte: Es ist absolut entscheidend, von Anfang an mit Patienten zusammenzuarbeiten und gemeinsam zu erörtern, welche Probleme gelöst werden müssen. Ein guter Ausgangspunkt besteht darin, eine Gruppe von Patienten Prioritäten in Bezug auf die Forschungsziele festlegen zu lassen. Zumindest können sie aus Patientensicht erläutern, welche Herausforderungen am schwerwiegendsten oder am beschwerlichsten sind. Dieser Patientenbeitrag sollte der Ausgangspunkt für jegliche Forschung sein. Von hier aus können Patienten wertvolles zeit- sowie kostensparendes Feedback zum Design einer Studie, zu ethischen Überlegungen, Teilnahmeplänen, Einverständniserklärungen und anderen Patienteninformationen geben. Und natürlich können sie dazu beitragen, patientenrelevante Inhalte für eine allgemein verständliche Ergebniszusammenfassung zusammenzustellen. Darüber hinaus ist die Prüfung in der lokalen Sprache äußerst wichtig, um den Unterschieden zwischen Ländern oder Patientengruppen und den jeweiligen Sensibilitäten gerecht zu werden. Dies wird meiner Meinung nach häufig vernachlässigt.  


Pia: Sind Sie auch gelegentlich an der Erstellung von Patienteninhalten für klinische Studien beteiligt?

Haben Sie beispielsweise bei der Erstellung von Fragebögen zu Patientenfeedback, Einverständniserklärungen und Informationsblättern für Patienten, Zusammenfassungen in allgemein verständlicher Sprache oder anderen Arten von Inhalten mitgewirkt? 

Lotte: Ja. Ich arbeite mit der Industrie im Bereich pharmazeutische und medizintechnische Geräte sowie mit akademischen Kreisen und Regulierungsbehörden zusammen und habe mich an der Erstellung vieler Materialien und Aufgaben beteiligt. Ich habe Fragebögen zu Patientenfeedback mitentwickelt, nachdem wir festgestellt hatten, dass die üblichen Fragebögen veraltet waren und der Situation der Patienten nicht mehr gerecht wurden. Wir müssen uns bewusst sein, dass der Schwerpunkt bei vielen validierten Fragebögen früher darauf lag, die Fragen verständlich zu formulieren. Es hat jedoch keine Rolle gespielt, ob die Fragen auch relevant für den Patienten oder den gegebenen kulturellen Kontext waren – was sich ganz erheblich auf die Beantwortung der Fragen ausgewirkt hat. Auch wurden die meisten Fragebögen von Forschern, Ärzten oder anderen medizinischen Fachkräften entwickelt, sodass die Patientenperspektive nie miteinbezogen wurde. Daher würde ich es begrüßen, wenn Fragebögen zukünftig nach ihrer Relevanz für die Patienten validiert werden.  

Vor Kurzem war ich an der Entwicklung der Good Lay Summary Practice Recommendations beteiligt. Dabei handelt es sich um eine Initiative des EFGCP (European Forum for Good Clinical Practice) und der EFPIA (European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations) zu Zusammenfassungen der Ergebnisse von klinischen Studien. Die Initiative stellt die Patientenperspektive in den Mittelpunkt und gibt Empfehlungen dazu, wie solche Ergebniszusammenfassungen so formuliert werden können, dass sie verständlich und aussagekräftig sind. Darüber hinaus habe ich Packungsbeilagen für die Europäische Arzneimittel-Agentur überprüft. Ich bin wirklich sehr froh, dass diese Behörde Patienten zurate zieht. Gelegentlich ist es jedoch schwierig, viel zu ändern, da bestimmte Begriffe oder Ausdrücke fest sind oder man sich darauf geeinigt hatte. Aber das Interesse ist definitiv vorhanden.  

Pia: In welchen Bereichen funktioniert die Kommunikation der Sponsoren klinischer Prüfungen mit den Patienten bereits gut?

Was müssen sie Ihrer Meinung nach verbessern?  

Lotte: Die Sponsoren sind sehr bemüht, alle Patienteninformationen – ob Texte, Videos oder Cartoons – in allgemein verständlicher Sprache zu formulieren. Ich finde es wirklich gut, dass Sponsoren ihre Zielgruppe ansprechen möchten. Ganz besonders freue ich mich, wenn sie sich direkt an Kinder wenden. Wenn man auf kindgerechte Art mit ihnen kommuniziert, entwickeln die Kinder das Selbstvertrauen, dass sie erfolgreich mit der Situation umgehen können. Für Kinder mit Erkrankungen bietet die Teilnahme an einer Studie die Chance, zu wachsen – insbesondere bei chronischen oder langfristigen Erkrankungen. 

Ein Bereich, in dem sich die Sponsoren meiner Meinung nach verbessern können, ist die Kommunikation während und nach der Studienteilnahme.

„Die meisten Patienten geben an, dass sie gerne die Endergebnisse erhalten würden. Die meisten hören im Anschluss aber leider nichts mehr von den Sponsoren.“

Das ist ein wirklich einfach erreichbares Ziel und aus ethischer Sicht das einzig Richtige.  

Ein weiterer Bereich ist die Kommunikation mit Patienten während der Studienteilnahme. Führende Sponsoren stellen den Patienten auf Wunsch natürlich individuelle Daten zu Untersuchungen und Labortests bereit und geben ihnen Empfehlungen zur Lebensweise. Diese Art der Kommunikation ist hoch geschätzt und zeigt beeindruckende Auswirkungen im Hinblick auf die Patientenbindung.   


Pia: Inwiefern hat sich die Patienteneinbindung aus Ihrer Sicht als Patientenexpertin geändert?

Welche Chancen und Schwierigkeiten werden sich zukünftig für die Patienteneinbindung ergeben? Und welche dafür, klinische Ergebnisse zu erzielen, die aus Patientensicht nützlich sind?  

Lotte: Der Bereich der Patienteneinbindung verändert sich nach wie vor und wir müssen darauf achten, uns anzupassen. Die Patienten geben nicht mehr nur Feedback, sondern tragen auch zum Forschungs- und Entwicklungsprozess bei. Das ist wirklich großartig. Es gibt jedoch noch keine Standardverfahren oder Mindestanforderungen. Wir müssen sie entwickeln, um sicherzustellen, dass es bei der Einbindung um mehr geht, als nur eine Liste abzuhaken.  

Eine Herausforderung besteht darin, dass es in allen Krankheitsbereichen noch nicht genügend geschulte Patienten gibt. Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass die Sponsoren nicht wissen, wann und wie sie mit Patienten zusammenarbeiten müssen, um relevante und nützliche Rückmeldungen zu erhalten. Und drittens gibt es keine Vorschriften, die die Dokumentation der für Patienten relevantesten Ergebnisse erforderlich machen oder angeben, wo diese in der Hierarchie der klinischen Ergebnisse anzusiedeln sind. 

Alle Beteiligten müssen sich hinsichtlich der Patienteneinbindung verbessern und sich klar machen, dass das Ziel niemals die Patienteneinbindung selbst ist. Es geht darum, wie sich letztlich das Leben der Patienten verbessern lässt.

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Pia Windelov
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Pia Windelov